Dragons Rhöndorf

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Dragons Talk #2

Diesmal beim Dragons-Talk mit Klaus Beydemüller: Florian Koch. Er spricht über sein Comeback im Dragons-Trikot, die Rolle als Führungsspieler sowie die Unterschiede zwischen BBL und ProB.

 

Klaus Beydemüller: Flo, wie war das für dich, als du nach Jahren das erstmal wieder für die Dragons aufgelaufen bist?

Florian Koch: Als ich im Sommer bei den Dragons unterschrieben habe, freute ich mich riesig aufs erste Heimspiel. Leider fand das dann in Sankt Katharinen statt. Es war trotzdem schön. In dem Moment, als ich das Rhöndorfer Trikot angezogen habe, hat sich das für mich einfach richtig angefühlt.

Ich gehe mal davon aus, dass du nach einer guten BBL-Saison in Gießen sicherlich einige lukrative Angebote aus der BBL und ProA erhalten hast. Warum hast du dich für die Dragons Rhöndorf und die ProB entschieden?

Im Vordergrund stand ganz klar die Entscheidung für mich und meinen Körper. Gerade durch die letzte Saison bin ich mit reichlich Schmerzen gegangen. In der BBL ist durchweg hohe Intensität gefordert. Da habe ich mir gesagt, ich liebe diesen Sport und das soll auch so bleiben. Jeder kennt das, Rückenschmerzen können Nerv tötend sein. Bei mir war es das Knie, was sich aber im Laufe der aktuellen ProB-Saison deutlich gebessert hat.

 

Okay, aber was sprach konkret für die Dragons?

Wie schon gesagt, noch eine Spielzeit in der BBL hätte bei mir nicht funktioniert. Also habe ich mir überlegt, wo könnte der nächste Schritt hingehen? Da ich Julius Thomas schon länger kenne, er meine Saisons verfolgt hat und ich seine, kamen wir ins Gespräch. Außerdem hatte ich das Gefühl, ihm etwas zurückgeben zu können. Mehrere Sommer hat er mit mir in der Halle gearbeitet und keinen Cent dafür verlangt. Julius liebt Basketball genauso wie ich es tue, was mir großen Respekt abfordert. Daher war es für mich klar, wenn ich die Chance habe für ihn zu spielen, werde ich es tun. Und schlussendlich ist es eine riesige Motivation für Rhöndorf zu spielen.

Weitere Motivation dürfte die Tatsache sein, dass man dich in Rhöndorf als Mensch und Spieler sehr respektiert!

Definitiv! Es kommt hier einfach soviel zusammen. Die Dragons sind ein Verein, der mir eine Menge gegeben hat. Die zwei Jahre in Rhöndorf waren für meine Entwicklung unheimlich wichtig. Außerdem habe ich die offene Art der Menschen hier schon immer sehr geschätzt. Als ich dann wieder in der Menzenberger Halle war, wurde ich mit offenen Armen empfangen. Selbst meine Frau wurde herzlich mit Namen begrüßt. Es ist schon sehr besonders, das findet man nicht so oft.

 

Ganz unproblematisch ist der Schritt vom Rollenspieler in der BBL hin zum Leader in der ProB dennoch nicht. Oder liege ich da falsch?

Ja klar, du befindest dich plötzlich in einer ganz anderen Situation. Das hast du schon auf den Punkt gebracht. Wenn es im BBL-Training mal nicht so lief, habe ich einfach meinen Job gemacht, die Dreier reingehauen, bin nach Hause gegangen und fertig. Das ist jetzt aber nicht mehr genug. Nun trage ich größere Verantwortung. Eine Herausforderung, die aber auch schön ist. Die Frage ist doch, will man sich verstecken oder die Dinge in die Hand nehmen. Ich sehe das als ein riesen Geschenk an. Ich befinde mich derzeit auf einer spannenden Reise. Der geborene Führungsspieler bin nicht. In der BBL war es auch nicht gefordert. Aber ich wachse an der Aufgabe. Und ja, es geht in die richtige Richtung.

Wie setzt du die Rolle Führungsspieler als eher introvertierter Typ auf dem Spielfeld um?

Es gibt Leute, die stellen sich vor eine Mannschaft und die halten eine Rede, wo du denkst, Alter, mit dir gehe ich durchs Feuer. Das ist nicht meins. Ich probiere das durch mein Handeln, also Aggressivität und gleichzeitig Leichtigkeit in unser Spiel zu bringen. Einfach Sicherheit auszustrahlen ist aus meiner Sicht wichtig, um den Level hochzuhalten. Dazu gehört auch manchmal von der Intensität eine bisschen drüber zu sein.

Was bringst du aus deiner BBL-Zeit in die ProB mit?

Hmmh, da geht’s vornehmlich um persönliche Eigenschaften. Ich bin sehr diszipliniert, was den Sport betrifft.

Und worin bestehen die elementaren sportlichen Unterschiede zwischen den Ligen?

In der BBL ist jeder ein Stück größer, hat längere Arme, wiegt 15 Kilo mehr und das Spiel ist viel schneller.

Wenn du da mit deiner Entscheidung nur einen Moment lang zögerst ist die Situation vorbei. Da musst du dir deiner Sache einfach sehr sicher sein, Raum für Zweifel sind nicht erlaubt. Als ehemaliger BBL-Spieler hast du in der ProB einen kleinen Puffer. So groß wie viele annehmen ist der aber nicht. Dafür ist die Liga zu gut.

Als Königs-Trade der letzten Pre Season genießt du bei jedem Gegner besondere Aufmerksamkeit. Nervt dich hautenge Sonderbewachung manchmal?

Es passiert hier und da schon, aber meist dann, wenn unsere Systeme gut funktionieren. Wenn wir guten Basketball spielen und ich ein oder zwei Dreier treffe, ist mein Gegenspieler automatisch ganz eng bei mir. Das passiert bei anderen Spielern aber ganz genauso, was im Endeffekt Gold wert ist. So gesehen ist es kein individuelles Verdienst sondern das Resultat der Teamleistung. Außerdem habe ich weniger gelernt meinen eigenen Wurf zu kreieren, sondern verlasse mich auf Systeme. Wenn ich also einen Sonderbewacher habe, profitiert ein anderer im Team davon, weil sich woanders Räume ergeben.

Zuletzt gegen Sandersdorf hast du ein „T“ bekommen. Ist dir da der Geduldsfaden gerissen?

Das „T“ habe ich nicht wegen Meckerns sondern angeblichem Flopping bekommen. Darüber lässt sich sicherlich steiten. Hätte der Schiri auf dem Schirm gehabt, dass es mein fünftes Foul war, die Entscheidung wäre vielleicht anders ausgefallen.

Es war das zweite Mal, das ein technisches Foul zum frühzeitigen Aus geführt hat. Fühlst du dich ungerecht behandelt?

Nein, nein, überhaupt nicht. Gegen Stansdorf habe ich ein unsportliches und dann noch das T bekommen, so war ich mit nur zwei Fouls ganz früh raus. Aber jeder ist menschlich und Schiedsrichter versuchen auch immer nur ihr Bestes zu geben.

Fragen dich jüngere Mitspieler ab und zu um Rat, wenn es um spielerische Dinge oder die Karriereplanung geht?

Darüber reden wir schon und tauschen uns aus. Allerdings räume ich offen ein, es liegt nicht in meiner Natur Menschen über Gespräche zu pushen. Ich selbst habe nur ein durchschnittliches Basketballtalent und habe mir mit viel Disziplin alles erarbeitet. Genau das lebe ich vor. Davon können sich Mitspieler etwas abschauen oder auch nicht. Durch die Art wie ich trainiere und spiele zeige ich einen Weg auf, wie es funktionieren kann.  

Tauschst du dich als erfahrener Profi auch mit dem Headcoach aus, wenn’s um Systeme geht?

Julius ist Trainer und ich Spieler, allerdings keine Rollenspieler mehr. Dazu gehört dann auch über spielerische Dinge zu quatschen. Gar nicht so sehr über taktische Dinge, da hat Julius ohnehin einen klaren Plan. Es kommt schon mal vor, aber es geht mehr um Analysen warum wir verloren haben. Aber klar, wir tauschen uns regelmäßig aus.

Eine deiner Stärken ist der Dreier. Was zeichnet einen guten Distanzschützen aus?

Dazu gehört vor allem viel Wurftraining. Was das Spiel angeht ist mentale Stärke ungemein wichtig. Selbst wenn zehn Dinger daneben gehen musst du den nächsten Wurf wieder mit Selbstbewusstsein nehmen. Ich sage mir dann immer, deshalb bist du hier, das ist dein Job und wenn ich Würfe verweigere schade ich dem Team.

Wir spielen diese Saison mit einer knappen Rotation. Mal ganz ehrlich, wie oft hast du dir nach Spielen schon eine Eistonne gewünscht?

(Lacht) Ja gerade am Anfang der Saison waren schon ein paar Spiele dabei. Ich erinnere mich an die Begegnung gegen Wedel, die in die Overtime ging, danach war ich komplett leer. Das sind schon so Momente, wo du nicht weißt wie du dich fühlst. Okay, wir haben das Ding gewonnen, so war es am Ende sehr, sehr schön. Aktuell muss ich allerdings sagen, sind wir in der Mannschaft alle in einer Form, dass wir so noch zwei Saisons durchspielen könnten. Natürlich ist es logisch, wenn du elf oder zwölf Spieler zur Verfügung hast, kann man den Standard im Spiel noch höher setzen.

Ist es für den persönlichen Flow manchmal nicht sogar ein Vorteil mehr Spielzeit zu bekommen?

Ich sag mal ja und nein. In manchen Spielen, wo’s richtig gut läuft, kann es durchaus ein Vorteil sein. Manchmal ist es aber auch Gold wert, wenn du auf die Bank gehst und dafür ein Anderer hundert Prozent gibt. An Tagen, wo es nicht so funktioniert, hilft ein kurzes Reset und ein Schluck aus der Pulle enorm.

Du musstest in deiner Karriere nur ganz selten verletzt passen. Achtest du besonders auf deinen Körper?

Ich habe mir in meiner BBL-Zeit schon früh von anderen Profis abgeschaut wie man mit seinem Körper vernünftig umgeht. Chris Ensminger beispielsweise hat seine lange Karriere auf höchstem Niveau seiner akribischen Trainingsarbeit zu verdanken. Ich bin jemand der viel Zeit im Kraftraum verbringt, ganz einfach, weil der Körper gut vorbereitet sein muss. Mit 18 hatte ich zwei Bandscheibenvorfälle und eine Ellenbogen-OP, folglich war mein Körper zu der Zeit noch nicht ready. Es war ein schmerzhafter Lernprozess, der mir gezeigt hat: wenn du Profi werden willst, musst du etwas tun. In dieser Saison arbeite ich mit Jonas Plass als Athletiktrainer zusammen, was mich noch einmal auf ein ganz anders Level gehoben hat und mir derzeit ermöglicht, 30 Minuten pro Spiel zu powern.

Schauen wir mal nach vorne. Seit langer Zeit sind die Dragons wieder bei den Playoffs dabei. Was dürfen wir dort von euch erwarten?

Ich habe großen Respekt vor dem Level der ProB. Mir war aber auch schon vorher klar, dass wir nicht einfach mal in die Playoffs kommen und das Ding mit Links schaukeln. Für mich ist das Erreichen der Playoffs deshalb auch nicht selbstverständlich. Rückblickend sind wir aber ein Team, dass sich im Laufe der Saison mit am meisten weiterentwickelt hat. Wie sehr uns das am Ende in die Karten spielt werden wir sehen.

Mal eine private Frage, du hast ein Haus gekauft. Ein Indiz dafür, dass du deine Zukunft hier in der Region siehst?

Ich möchte nicht so weise klingen, aber ich lebe immer im Moment. Als wir das Haus gekauft haben, spielte ich noch in Würzburg. Es liegt an einem besonderen Ort, wo wir uns vorstellen können zu leben. Allerdings ist es als Basketballprofi schwer zu planen. Ich bin jetzt 31, wo werde ich spielen, wenn ich 35 bin? Ich weiß es nicht. Mir liegt aber sehr viel an meiner Familie, die im Rheinland lebt. In der Zukunft sehe ich mich in der Region. Auf jeden Fall wird unser Haus immer ein fester Mittelpunkt bleiben. 

Wieviel Jahre dürfen für dich noch als Profi erleben?

Es hängt nicht nur davon ab, wieviel ich noch im Tank habe, sondern auch wie‘s Mental aussieht. Ich habe aktuell jedenfalls so viel Spaß, bei allen Herausforderungen, die richtig intensiv sind, sodass ich guter Hoffnung bin, dass es noch ein paar Jahre weitergeht.

Zum Abschluss: Stell dir vor, du müsstest gegen Flo Koch spielen, was macht die Aufgabe besonders unangenehm?

 

(Lacht) Die Frage ist mir so auch noch nicht gestellt worden. Ich glaube, gegen mich zu spielen ist deshalb unangenehm, weil ich das Feld immer sehr viel größer wirken lasse als es ist. Man muss mich an der Dreierlinie respektieren, gleichzeitig bringe ich aber auch den Drive zum Korb mit. Irgendwann wird’s knifflig, wie verteidige ich den jetzt. Und wenn ich in den Flow komme, wird’s schwierig mich zu verteidigen.

Wenn du in den Flo(w) kommst, schönes Schlusswort!

Genauso sieht‘s aus!