Dragons Rhöndorf

Feuer und Flamme seit 1912

Es ist nicht alles planbar

Die meisten Fans der Dragons kennen Stephan Dohrn nur als reflektierten Strategen an der Seitenlinie. Im persönlichen Gespräch gibt der 36-Jährige Einblicke in seinen persönlichen Werdegang, wie er das aktuelle Team zusammengestellt hat und warum die anstehenden Playoffs erfolgreich für Rhöndorf werden.

Klaus Beydemüller: Du bist in Rhöndorf noch ein relativ unbeschriebenes Blatt, nimm uns mal mit und nenne uns deine wichtigsten Stationen auf dem Weg zu den Dragons?

Stephan Dohrn: Ich habe mit dem aktiven Basketballspielen recht früh aufgehört, schon mit Anfang 20, dann studiert und kurzzeitig Abstand von Basketball genommen. 

Was hast du studiert?

Zuerst Rechtswissenschaften und später dann Sportwissenschaften. Ich habe das Studium auch abgeschlossen und nebenbei als Basketball-Coach gearbeitet.

 Deine erste Trainerstation war …?

Bei meinem Heimatverein VfB Hermsdorf Berlin, los ging’s mit einem U18-Team und einer Damenmannschaft. Ich habe schnell gemerkt, dass das genau mein Ding ist. 

Wie bist du dann durchgestartet?

Ich komme ja aus Berlin, wo es eine hohe Dichte an Basketball-Klubs und Basketballspielern gibt. Beim Berliner Basketball-Verband und TuS Lichterfelde habe ich angefangen zu coachen. Nach meiner Zeit beim VfB Hermsdorf habe ich beim Berliner Basketball-Verband und beim TuS Lichterfelde verschiedene Mannschaften trainiert. So ging es Schrittweise weiter. Dann stand die Entscheidung an, was nach meinem Studium passiert. Da Berlin Trainern zwar viele Möglichkeiten bietet, es aber schwer ist damit Geld zu verdienen, habe ich zunächst im Hauptjob als Lehrer gearbeitet. Mir war aber schnell klar, dass ich voll auf den Beruf als Basketballtrainer setzen möchte. Daher sagte ich der Grundschule, Danke, das war’s und habe meine Bewerbung in den Ring geworfen. Der SC Rist Wedel suchte zu der Zeit einen Coach für die JBBL sowie einen Co-Trainer für die ProB. Das habe ich zwei Jahre gemacht und parallel die 1. Damen-Mannschaft übernommen. Nach der Corona-Pandemie suchte der Verein einen neuen Headcoach für das ProB-Team. Ich bin sehr dankbar, dass sie damals mit mir eine interne Lösung genommen haben.

Von Berlin über Schleswig-Holstein und Hamburg nach Rhöndorf, was waren die ausschlaggebenden Gründe von den Metropolen in die Provinz zu ziehen?

Von Basketball-Provinz kann man hier ja nicht reden. Bad Honnef ist im Vergleich zu Wedel, respektive Hamburg sicherlich eine kleine Stadt, in Sachen Basketball ist Rhöndorf auf jeden Fall ein Name in der Szene. Ich hatte in Wedel eine tolle Zeit, privat wie auch beruflich, aber ich hatte gemerkt, dass es an der Zeit war sich zu verändern. Ich hätte gerne weiter für Rist Wedel gearbeitet, aber nicht in der Kooperation mit dem Hamburg Towers. Daher habe ich mich auf die Suche begeben und das mit Rhöndorf hat einfach gepasst. Die Gespräche mit Geschäftsführer Yannick Arenz waren sehr gut. Auch die Vision aus einer etablierten eine sehr gute ProB-Mannschaft zu machen gefiel mir. Also haben wir uns an die Arbeit gemacht.  

Das aktuelle Team der Dragons begeistert, der DragonsDome ist so gut gefüllt wie schon lange nicht mehr. Ist Offensiv-Basketball die Leidenschaft von Stephan Dohrn? 

Nein, gar nicht. Wer unser Training anschaut, wird feststellen, dass wir zu 70 bis 80 Prozent an der Verteidigung arbeiten. 

Bei den Spielen könnte man einen anderen Eindruck gewinnen …

Ich weiß was damit gemeint ist. Aber meistens entspringt aus einer soliden Defensive eine vernünftige Offensive. Natürlich kassieren wir für den einfachen Beobachter häufig viele Punkte. Allerdings muss man dies ins Verhältnis zum Tempo setzen, was wir gehen. Viele eigene Angriffssequenzen bedeuten halt ebenso so viele für die Gegner. Außerdem sind wir mit unserer Defensive noch lange nicht am Ziel, wir haben uns jedoch schon erheblich gesteigert. Aber auch Offensiv liefern wir ganz ansehnliche Spiele ab, vor allem dann, wenn wir den Ball teilen. Man merkt einfach, das gesamte Team will gemeinsam Basketball spielen. Daher denke ich, dass wir mit der bisherigen Entwicklung in der Offensive zufrieden sein können, uns aber auch defensiv ordentlich gesteigert haben.

Dazu braucht man natürlich entsprechendes Personal. Was ist das Wichtigste um eine funktionierende Mannschaft zusammenzustellen?

Gut, es ist nicht alles planbar. Wir haben aber von vorherein nicht nur nach Spielern für bestimmte Positionen sondern nach Spielern mit bestimmten Profilen gesucht. 

Was dürfen wir uns unter Profilen vorstellen?

Darunter verstehen wir das Portfolio an Fähigkeiten eines Spielers, dass ihn fürs Team wertvoll macht. Bei einem großem Spieler fernab der klassischen Positionen vier und fünf. Bei einem Guard oder Flügelspieler fernab der Positionen eins, zwei oder drei. So wollten wir beispielsweise Spieler, die das Profil primärer Initiator der Offensive erfüllen. Wichtig vor allem für das schnelle Transition-Spiel. Daneben ging es bei den Profilen darum, wer noch etwas zu beweisen hat. Also Spieler die noch ein paar Schritte in ihrer Entwicklung gehen möchten. Die finden wir vielversprechender als solche, die am Ende ihrer Karriere stehen. Dies erklärt vielleicht auch, dass verschiedene Spieler hinsichtlich der Defensive noch einiges Aufholen müssen. Wir haben halt Spieler, die einen hohen Prozentsatz der geforderten Profile erfüllen, aber im Teambasketball Fünf-gehen-Fünf noch Schritte zu gehen haben. 

Ein perfekt funktionierendes Team wird’s nie geben. Was fehlt unserer Mannschaft um sich dem Ziel anzunähern?

Im Training fehlt unserer aktuellen Mannschaft im basketballerischen Detail immer alles, das ist aus Trainersicht klar. Grundsätzlich geht es darum, dass zunächst jeder seine Rolle im Team verstanden hat. Genauso aber auch, dass Spieler bei uns im geordneten Maße ausbrechen können, um ihr Spiel weiterzuentwickeln. Die Balance zwischen Struktur und Freiheit ist ein wichtiger Punkt. Es heißt oft, Spieler dürfen kein Ego haben, was ich als Quatsch empfinde. Ich will Spieler haben die Egos haben. Natürlich muss man zwischendurch auch den ein oder anderen einfangen. Ich bin mir aber sicher, wir kommen früher oder später an einen Punkt, an dem sich Spieler im Training herausfordern müssen. Dazu gehört auch, aus einer ursprünglich eingenommen Rolle auszubrechen, damit das Team die nächste Ebene erreicht. 

Das Kollektiv funktioniert, daher haben sich nicht wenige gefragt, warum Ference Gille verpflichtet wurde? 

Das Kollektiv funktioniert vor allem menschlich ganz hervorragend und die Spieler verstehen sich sehr gut. Trotzdem waren wir der Meinung, sollten wir einen Spieler finden, der uns in einem bestimmten Bereich weiterbringen kann, schlagen wir zu. Ference wurde nicht verpflichtet, weil wir mit irgendjemanden unzufrieden waren oder um jemanden zu ersetzen. Ference bringt uns im athletischen und physischen einfach ein Plus was wir gut brauchen können. Da er durch seine ruhige und reflektierte Art auch noch charakterlich sehr gut zum Team passt, stand schnell fest, er wird uns auf den großen Positionen besser und tiefer machen.

Kritiker sagen, dass es im Norden der Pro B ungleich schwieriger wäre an der Tabellenspitze mitzumischen als im Süden. Siehst du das genauso?

Das ist ja jedes Jahr die gleiche Diskussion. Ich verfolge den Norden auch intensiv. Es gibt dort einige Vereine, die eine sehr gute Saison spielen. Besonders stolz bin ich auf den SC Rist Wedel, der vierte Platz mit einer so jungen Truppe ist aller Ehren wert. Natürlich spielen auch Köln und Leverkusen klasse, um nur zwei Teams zu nennen. Die Klubs im Norden investieren im Vergleich mit dem Süden wohl etwas mehr Geld und verfügen über die größere Physis. Was das Spielerische und Tempo angeht, hat der Süden die Nase leicht vorne. Daher bin ich der Meinung, sollten in den Playoffs alle Süd-Teams in Bestbesetzung antreten, was bekanntlich durch verschiedene Kooperationspartner nicht immer gegeben sein dürfte, sind in den Duellen mit dem Norden einige Überraschungen zu erwarten.

Die Rhöndorfer Playoff-Bilanz ist in der jüngeren Vergangenheit alles andere als positiv. Was sollte uns positiv stimmen, dass es 2024 besser läuft?

Weil ich daran glaube, dass sich unser Team konstant weiterentwickelt, weiterhin hungrig nach Siegen ist und von der Einstellung her keinen Unterschied zur regulären Saison machen wird. Natürlich gibt es keine Garantie und wir haben großen Respekt vor jedem Gegner, gerade auch vor der ersten Runde. Jedem von uns ist bewusst, es kann jederzeit vorbeisein. Wir können nur vernünftigen Basketball spielen und wenn dann jemand besser ist, dann ist das so. 

Was sind deine persönlichen Ziele in näherer Zukunft, was möchtest du mit den Dragons Rhöndorf erreichen?

Wir sind alle unglaublich fokussiert auf die laufende Saison. Die Spieler, das gesamte Team und der Staff stecken unheimlich viel Herzblut in das Projekt. Meine persönlichen Ziele sind, wir haben heute Mittwoch, dass wir Donnerstag, Freitag gute Trainingseinheiten und am Samstag ein gutes Spiel abliefern. Ich weiß, das ist super kurzfristig, so habe ich aber schon immer gedacht. 

Trotzdem, in welchen Bereichen siehst du bei den Dragons als ProB-Standort Handlungsbedarf?

Der Standort befindet sich im Wachstum und wird auch weiterhin wachsen. Man sieht es ja an der Halle, die sich immer mehr füllt. Administrativ befinden wir uns auf einem guten Level, können aber mehr Manpower brauchen. Hier können wir auf Sicht sicherlich mehr Jobs im Basketball schaffen. Generell muss ein Verein, der sich entwickeln möchte, immer zusammenhalten, Erreichtes reflektieren und immer wieder erneuern. Die ProB darf dabei nicht außen vorstehen, wichtig ist, an einem Strang zu ziehen. 

Du wirkst meist sehr entspannt, was kann dich so richtig auf die Palme bringen?

Vieles (lacht). Was heißt entspannt. Wie in jedem Beruf kommst du irgendwann einmal an den Punkt, Dinge, die du nicht kontrollieren kannst, nicht zu nahe an dich heran kommen zu lassen. Was man kontrollieren kann, ist, die Menschen mit denen man arbeitet respektvoll zu behandeln. Das bekommst du hoffentlich zurück. Deshalb glaube ich, es gibt nicht wirklich vieles, was dich aus der Ruhe bringen sollte. Es kann sicherlich ab und an sinnvoll sein, Emotionen zu zeigen.

Wie ein gezielt gesetztes technisches Foul …

… es kann sinnvoll sein sich, ein technisches Foul abzuholen (lächelt). Generell ist Basketballtrainer aber ein Beruf der mich nicht aus der Fassung bringen kann. Natürlich, mit illoyalen oder unaufrichtigen Typen habe ich meine Probleme. Hier in Rhöndorf sind aber offensichtlich Menschen am Werk, die die gleichen Werte teilen. Momentan arbeiten wir jedenfalls auch über die Grenzen der ProB hinaus vertrauensvoll zusammen.

Was macht Stephan Dohrn, wenn er sich gerade einmal nicht mit Basketball beschäftigt?

(Lacht) Sehr wahrscheinlich mit Basketball beschäftigen. Nein, ich habe eine Ehefrau mit der ich gerne Zeit verbringe. Wir haben einen deutschen Schäferhund, der viel Aufmerksamkeit und Bewegung einfordert. Rund um Bad Honnef gibt’s ja viel Natur, wenn ich dort mit dem Hund unterwegs bin, verliere ich meine Gedanken. Es ist kein bewusstes Abschalten, es passiert ganz einfach. Ich trinke gerne Espresso und liebe gutes Essen, halbwegs gesund, wir kochen gerne zuhause. Während der Saison steht aber Basketball schon im Mittelpunkt. 

Letzte Frage: Wie stellst du dir dein abschließendes Statement nach dem letzten Saisonspiel 2023/24 vor?

Das ist eine einfache Frage, das kann ich klar sagen: Wir haben alles gegeben, können in den Spiegel schauen, uns auf die Schulter klopfen, sind mit uns im Reinen und gehen glücklich in die Offseason.